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Schliff eines Cassegrain-Fangspiegels

Manuskript eines unveröffentlicht gebliebenen Artikels von Wolfram Fischer aus dem Jahr 1996, nur unwesentlich geändert


  Vorbemerkungen

Obwohl es in Deutschland zweifellos eine größere Zahl spiegelschleifender Astroamateure gibt, liest man recht selten in Fachzeitschriften von ihnen. Und wenn etwas zu finden ist, geht es meist um High-End-Methoden von Superexperten oder um zu allgemeine Darstellungen.
Die vielen Probleme, mit denen sich ein mäßig erfahrener Spiegelschleifer täglich herumquält, die kleinen persönlichen Entdeckungen und Tricks, die schließlich ans Ziel führen, liegen offenbar unter dem Niveau der Mitteilenswürdigkeit.
Im deutschsprachigen Raum ist man, von den Hinweisen eines Rohr oder Wenske mal abgesehen, ziemlich allein gelassen.
Dies ist der Grund, meine Erfahrungen bei der Herstellung eines Cassegrain-Fangspiegels, bevor ich sie selbst vergessen habe, aufzuschreiben und weiterzugeben.
Wer sich den etwas aufwändigen Selbstschliff einer Cassegrain-Optik in den Kopf gesetzt hat, kommt nicht umhin, eine Konvexfläche herstellen zu müssen. Das Erlernen der dazu notwendigen Interferenzprüfmethode, für jeden Feinoptiker zur Ausbildung gehörend und früher bei jeder Linse angewandt, ist der Schlüssel zum Erfolg. Umso frustrierender ist es, wenn man dabei das Rad neu erfinden muss. Auf die wenigen Sätze in Wenskes "Spiegeloptiken" angewiesen, wurde für mich das Unterfangen zu einem Geduldsmarathon.
Die Herstellung erfolgt nach einem vorher zu fertigenden Prüfglas. Der Fangspiegel erhält dadurch exakt die optische Negativform des Prüfglases, die keinerlei Freiräume zulässt. Dies ist eine hervorragende Schulung der gezielten Figurierung einer optischen Fläche. Eine Erfahrung, die auch für spätere Polierarbeiten wertvoll ist.
In diesem Beitrag möchte ich weniger über meine Irrwege berichten, als vielmehr Antworten auf die Fragen geben, die sich mir trotz Literaturstudium stellten. Es ist durchaus möglich, dass hinter manchen Erfahrungen subjektives Fehlverhalten oder Fehleinschätzungen stehen, die typisch sind bei autodidaktischer Vorgehensweise.
Da mein Fangspiegel am Ende im Test schnurgerade Interferenzstreifen zeigte, also mit hoher Genauigkeit gelang, bin ich überzeugt schließlich den richtigen Weg gefunden zu haben, und glaube mit diesen Ausführungen anderen Einsteigern helfen zu können.

 

1. Welches Spiegelmaterial?

Aufgrund der für einen Hobbyschleifer meist geringen Größe eines Cassegrain-Fangspiegels, ist eine Zerodurstandardrundscheibe erschwinglich und in jedem Fall zu empfehlen. Der Mindestauftragswert bei Schott beträgt 500,- DM. Wenn man den Hauptspiegel nicht ebenfalls aus Zerodur fertigen möchte, eine 10" Scheibe kostet ca. 800,- DM (!), kann die Materialzentrale der VdS helfen, die größere Bestellungen durchführt. Meine 105 mm Scheibe kostete ca. 84,- DM.

2. Die Beschaffenheit der Gegenscheibe

Für den Schliff und später als Testglas wird eine gleichgroße, spannungslose Glasscheibe entsprechender Dicke benötigt. Die Rückseite muss plan poliert sein. An die Genauigkeit dieser Planfläche wird kein besonderer Anspruch gestellt. Es sollen nur mit dem Auge keine Unebenheiten sichtbar sein. Ich ließ aus einem zufällig in meinem Besitz befindlichen 20 mm dicken Spiegelglasrohling, mit einer matten und einer polierten Fläche, eine passende Rundscheibe heraus bohren.

3. Wie entsteht die Bohrung im Hauptspiegel?

Der Hauptspiegel eines Cassegrains muss vor der Bearbeitung in der Mitte, bis wenige Millimeter vor dem Durchbruch, von hinten in der erforderlichen Größe vorgebohrt werden. Erst nach der Fertigstellung wird die Bohrung vollendet. Auch die Scheiben für die Herstellung des Fangspiegels sind passend herzurichten. Günstig ist es, diese etwas größer in Arbeit zu nehmen. Die leidigen Randprobleme lassen sich dann am Ende einfach wegbohren! Natürlich muss die Endgröße des Fangspiegels auch vorgebohrt sein, um Spannungen zu vermeiden. Man benutzt dazu eine passende Messinghülse (gezahnt) als Werkzeug, eine Ständerbohrmaschine mit geringer Drehzahl, gleichmäßigem Druck, Karborundumpulver und etwas Wasser. Der Arbeitsgang macht grauenhaften Lärm und dauert Stunden. Für mich führte diese Arbeiten Daniel Arndt in Magdeburg aus. Leider ist Sternfreund Arndt viel zu früh verstorben und ich kann Ihn leider nicht mehr empfehlen.
 

4. Wie bearbeitet sich Zerodur?

Zerodur ist deutlich härter als gewöhnliches Glas und ziemlich bruchfest. Die Löcher, die jede Körnung beim Schleifen reißt, sind erheblich feiner als auf der Gegenscheibe aus Glas. Auch ein etwaiger Kratzer, der auf dem Glas schon böse ausschaut, hinterlässt auf dem Zerodur nur einen feinen Ritz. Merkwürdig sind nur gelegentlich auftretenden ovale Gruben, die beim Schleifen durch platzendes Material entstehen und schließlich herausfallen. Diese ovalen Grübchen treten bei jeder Körnung in geringer werdender Größe auf. Leider sind sie stets wesentlich tiefer, als die Löcher, die eine Körnung typischerweise reißt. Es ist mir daher nicht gelungen, alle ovalen Grübchen am Ende völlig auszuschleifen. Sie waren aber mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen.
Vom viel gerühmten thermischen Verhalten des Zerodurs, ist beim Prüfen hier wenig zu erwarten. Durch den Wärmeaustausch zum aufliegenden Prüfglas zeigt der Interferenztest erst nach Stunden die wahre Gestalt.

 

5. Herstellungsweg und Spiegelformung

Am leichtesten ist eine Cassegrain-Optik aus zwei Kugelflächen herstellbar. Die Baulänge und die Abschattung durch den Fangspiegel werden hier aber sehr groß. Ich entschied mich für die nächst schwierigere Variante. Hierbei bleibt der Fangspiegel kugelförmig. Lediglich der Hauptspiegel muss eine elliptische Deformation erhalten.
Zunächst stellte ich den Hauptspiegel bis zu annähernder Kugelform fertig. Aus dessen entstandener Brennweite konnte ich nun den Krümmungsradius des Fangspiegels ermitteln, um die gewünschten Systemdaten zu erhalten.
Natürlich wich am Ende auch der Fangspiegel etwas von seiner Sollkrümmung ab. Die gewünschte Endbrennweite des Systems lässt sich aber, mittels der Cassegrain-Formeln in den "Spiegeloptiken", über einen leicht geänderten Abstand beider Spiegel, festlegen. In diesem Abstand provisorisch aufmontiert, sollte, mittels eines guten Planspiegels in Autokollimation geprüft, die elliptische Retusche des Hauptspiegels erfolgen und die Optiken auf einander abgestimmt werden. Der optische, mechanische und justiertechnische Aufwand bei diesem Prüfverfahren ist allerdings beträchtlich.

 

6. Das Testglas

Nach dem Schliff des Fangspiegels muss zunächst seine konkave Gegenscheibe, das Glas mit der plan polierten Rückseite, zur optisch vollkommenen Negativform poliert werden. Dies lässt sich in gewohnter Weise prüfen. Es ist größte Sorgfalt angezeigt. Die Fehler des hier entstehenden Testglases summieren sich schließlich mit den verbleibenden Ungenauigkeiten des Konvexspiegels im Interferenztest.

 

7. Vorbereitungen zur Politur des Fangspiegels

7.1. Anfertigung mehrerer Polierer

Zunächst empfiehlt es sich zwei oder drei Gipsabdrücke des Fangspiegels anzufertigen. Die ausreichend dicken Gipsscheiben sollte man nach der Trocknung lackieren. Nun können darauf Pechhäute gegossen und angepresst werden. Die überzähligen Polierer kommen erst einmal in die "Vorratskiste". Ihr Vorhandensein wird später die Arbeit sehr erleichtern.

 

7.2. Die Mattscheibe für den Test

Im Test sollen die Interferenzerscheinungen über die ganze Optik verteilt sichtbar sein, nicht nur in der Größe der Lichtquelle. Dazu muss diese großflächig gestreut werden. Dies besorgt eine Mattscheibe mit mindestens doppelter Größe der Testfläche. Falls erforderlich lässt sie sich selber leicht herstellen. Zwei Glasscheiben mit etwas Karbo 400 dazwischen kurze Zeit gegeneinander reiben und fertig ist die Mattscheibe.

 

7.3. Welches Testlicht?

Kontrastreiche Interferenzringe (oder Streifen) entstehen in monochromatischem Licht oder in einem relativ schmalbandigen Emissionsspektrum, wie es z.B. Natriumdampflampen aussenden. Um auch die Farbreihenfolge der Ringe erkennen zu können, benötigt man aber weißes Licht. Unter einer Lichtquelle mit kontinuierlichem Spektrum erscheinen die Ringe oder Streifen verwaschen und undeutlich. Wie ich heraus fand, eignen sich normale Stromsparlampen hervorragend für den Test. Sie erzeugen ein weißes Emissionsspektrum, das die Ringe oder Streifen deutlich zeigt, auch bei hellem Tageslicht! Zugleich ist die Farbfolge sichtbar.

 

8. Das Auspolieren des Fangspiegels

Konvexflächen werden in der Regel unten liegend bearbeitet. Der Polierer wird also von oben aufgelegt und in gewohnter Weise bewegt. Zunächst steht das Auspolieren mit vollem Polierer im Vordergrund. Natürlich wird die Fläche geprüft (siehe unten) und versucht, dem Primärfehler durch die Strichlänge etwas entgegen zu wirken.
Zum prinzipiellen Polierverhalten einer Konvexfläche kann ich folgendes berichten:
Im Gegensatz zur Hohlfläche, tendiert diese ständig dazu einen Mittelberg zu bilden. Lediglich der Rand neigt (bei Handpolitur besonders), wie beim Hohlspiegel, zum Absinken. Das Wegbohrenkönnen ist also sehr hilfreich!
Lange Striche erzeugen eine hohe Randkrümmung, (der Rand stark abgenutzt, Tendenz absinkend). Die Mitte wird zunehmend flacher, bis hin zum Loch. Kurze Striche bedingen eine flache Randkrümmung, also eine geringe Abnutzung. Die Mitte erhält eine starke Krümmung. Sie wölbt sich hoch.
Wenn nach der Auspolitur noch mehrere Ringe im Test erscheinen, sollte man gezielter vorgehen. So weiter zu machen wäre Zeitverschwendung!

 

9. Die Arbeit mit dem Interferenztest

9.1. Das Problem der Staubfreiheit

Zum Testen wird das Prüfglas auf den Fangspiegel aufgelegt. Entstehen dabei ohne herumzudrücken konzentrische Ringe, ist eine gute Staubfreiheit erreicht. In dem Fall sinkt das Prüfglas langsam von allein auf die Testfläche herab (Widerstand des Luftfilms). Die verbleibenden Abstände der Flächen sind ringsherum gleich (konzentrisch).
Meist sind die Ringe aber seitlich verschoben oder es entstehen parallele Streifen. In dem Fall ist Staub zwischen den Scheiben, der bewirkt, dass die Gläser leicht verkippt übereinander liegen. Mit etwas Druck, auf eine geeignete Stelle des Prüfglases, erreicht man oft doch konzentrische Ringe. Der Staub wird dabei teilweise atomisiert und breit gequetscht.
Vorsicht vor seitlichem Verschieben der Gläser! Es können böse Kratzer entstehen, meist auf dem weicheren Prüfglas, oder die Scheiben saugen sich fest. Unter häuslichen Bedingungen ist eine absolute Staubfreiheit zwischen den Gläsern kaum zu realisieren. Ich putzte die Gläser vorher mit einem weichen Tuch und blies sie vor dem Auflegen ab, (wenn erforderlich mehrfach).

 

9.2. Die grundlegende Deutung des Interferenzbildes

Nach dem Auflegen des Testglases entsteht im Prüflicht ein kompliziertes System von Interferenzringen- oder Streifen. Prinzipiell zeigen diese Ringe oder Streifen den Verlauf von Zonen mit gleichem Abstand der Flächen an (ähnlich Isobaren oder Isophoten).
Ihre Anzahl, Form, Breite und farbliche Auffächerung besagt nichts anderes, als das sich und wie sich der Abstand der Prüffläche zum Testglas ändert. Je größer die Abstandsänderung, umso dichter gedrängt erscheinen die Linien. Breite farbige Ringe zeigen Zonen mit sehr geringer Abstandsänderung.
Der Test ermöglicht zugleich eine quantitative Fehlereinschätzung. Von Ring zu Ring ändert sich der Abstand um λ ½. Ebenso vom Rot zum nächsten Rot oder der Wiederholung einer anderen Farbe.

 

9.3. Der Farbfolgetest und seine Gefahren

Die Interpretation des Interferenzmusters nach den Hinweisen in den "Spiegeloptiken" kann leicht zur Ratlosigkeit führen, wenn man den Vorteil des weißen Prüflichtes nutzen möchte und die Spiegelabweichungen von der Testfläche auch aus der Farbfolge der Ringe abzuleiten versucht.
Zunächst gilt folgendes:
Die Farbfolge gelb, rot, blau zeigt einen wachsenden Luftzwischenraum an. Bei Wenske bleibt das Auftreten grüner Farbringe unerwähnt. Diese nehmen gelegentlich die Stelle von blau ein und deuten grundsätzlich auf einen Richtungswechsel hin. Die Abstandsänderung hat dort eine Talsole oder einen Berggipfel erreicht. Die Farbfolge kehrt sich nach grün genau um. Ein grüner Ring zeigt nicht notwendig auf eine parallel zum Testglas verlaufende Zone!
Ich empfehle dringend, vorerst die Farbreihenfolge nicht weiter zu beachten. Der Test ist nämlich unglaublich empfindlich! Es handelt sich dabei um winzige Abstandsänderungen, die dem primären Fehler untergeordnet sind! Ebenso wie man aus dem Relief eines Gebirgszuges nur schwer auf die Form des Erdkörpers schließen könnte. Aus der Farbreihenfolge lässt sich, wenn die Ungenauigkeiten über die Fläche noch recht groß sind (> λ ½), kaum auf den primär vorherrschenden Fehler schließen!

 

9.4. Die Korrektur der Spiegelform und der "Test der laufenden Ringe"

Zunächst sollte folgendermaßen vorgegangen werden:
Wir legen die Gläser so übereinander, dass konzentrische Ringe erscheinen. Nun beschränken wir uns darauf zu beobachten, wie sich die Ringe beim langsamen Senken des Kopfes (flacher werdender Beobachtungswinkel) verhalten.
A) Scheinen die Ringe zur Mitte zu laufen, ist der Abstand der Gläser primär zur Mitte größer werdend. Der Prüfling hat einen zu großen Krümmungsradius, die Mitte ist zu flach (siehe Abb. 1).
Gegenmaßnahme: Die Randzone muss abgetragen werden, (Mitte möglichst schonen). Dies geschieht durch einen in der Mitte sternförmig ausgekratzten oder runter gepressten Polierer. Da die äußere Randzone am längsten abgearbeitet werden muss, wird es erforderlich, den Polierer allmählich von der Mitte her zum Rand immer weiter zu verkleinern. Dies tun wir mit einem Polierer aus der "Vorratskiste". Er bleibt uns erhalten und es kann jederzeit auf den vollen Polierer zurückgegriffen werden.
B) Laufen die Ringe beim Senken des Kopfes dem Rand zu, ist der Abstand der Gläser primär zum Rand größer werdend. Der Prüfling hat einen zu geringen Krümmungsradius, die Mitte wölbt sich zu stark nach oben (siehe Abb. 2).
Gegenmaßnahme: Die Mitte muss abgetragen werden, (Rand schonen). Dies geschieht durch einen am Rand sternförmig verkleinerten Polierer. Da die Mitte am längsten abgetragen werden muss, wird es erforderlich, den Polierer allmählich vom Rand her zur Mitte immer weiter zu verkleinern. Ein weiterer Polierer aus der "Vorratskiste" kann hier wenn erforderlich nützlich sein.

                                               

C) Was tun, wenn zwei konträre Primärfehler vorhanden sind?
Es kann beispielsweise eintreten, dass die Ringe am Rand ein Stück zur Mitte laufen und von der Mitte einige Zentimeter weit nach außen streben.
Der Rand muss verstärkt abgetragen werden, die Mitte jedoch auch. Die Zone die am tiefsten liegt und am meisten geschont werden muss, ist ein Ring irgendwo zwischen Rand und Mitte. Hier empfiehlt es sich, den schwächeren Fehler erst einmal separat zu beheben. Z.B. könnte der Mittelberg mit einem kleinen Pechstück oder einem Finger und Poliermittel eingeebnet werden. Danach verfährt man wie unter A und B beschrieben.
Dieser "Test der laufenden Ringe" führt sicher und erstaunlich weit an das Ziel heran.

 

9.5. Konzentrische Ringe bis zum Weißtest?

Wenn nur noch wenige breite Farbringe entstehen, die Genauigkeit > λ ½ ist, wird die Beurteilung der Laufrichtung schwierig. Jedes Staubkorn zwischen den Gläsern erzeugt etwas andere Farben und durch die anwachsende Breite der Ringe wird die Beurteilung ihrer Laufrichtung immer undeutlicher.
Jetzt kann man die Interpretation der Farbfolge zu Hilfe nehmen. Schließlich wird im Test nur noch eine farbige Fläche (gelb) sichtbar sein. Das Ideal ist erreicht, wenn der Weißtest bestanden wird, also jede farbige Zone verschwunden ist. In dem Fall liegen die Gläser vollkommen aufeinander. Das setzt nicht nur eine unvorstellbare Genauigkeit der Fläche voraus, sondern auch eine absolute Staubfreiheit. Hierin liegt der Haken, denn nach dem Übereinanderlegen verraten die Gläser erst nach Stunden ihre wahre Gestalt und da Staub in mikroskopischer Form praktisch kaum zu vermeiden ist, bekommt man die "Weißfläche", auch wenn sie erreicht ist, womöglich nie zu Gesicht.

 

9.6. Der Streifentest

Wenske empfiehlt zu Recht, gegen Ende der Arbeiten zum Testen keine konzentrischen Ringe mehr, sondern parallele Streifen einzustellen. Der Staub zwischen den Scheiben ist nun eher hilfreich, da die Gläser so von allein etwas verkippen. Senkrecht zur Kippachse verlaufen die Streifen, die man durch Druck enger oder breiter bekommt. Je weiter die Linien auseinander gezogen erscheinen, umso empfindlicher der Test. Die Linienränder werden jedoch immer undeutlicher, so dass es nichts bringt, diese weiter als ca. 12 mm auseinander zu rücken.
Jede Ungenauigkeit der Prüffläche vom Testglas, macht sich als mehr oder weniger starke Krümmung der Streifen bemerkbar. Ziel ist es, schnurgerade parallele Linien zu erhalten. (zumindest bis zu der Stelle, wo später der Bohrer ansetzt.)
Im Grunde genügt es, mit dem Lineal den Interferenzstreifen im Auge zu behalten, der über die Optikmitte verläuft. Bei einer einwandfreien Rotationsfigur ist dieser Streifen (Zentrallinie) über den Zustand der ganzen Fläche aussagekräftig.

 

9.7. Die Deutung der Streifenkrümmungen

Wenn das Streifenmuster im Test erscheint, heben wir vorsichtig das Prüfglas längs der Kippachse um einen winzigen Betrag an (siehe Abb. 3).
Entweder entstehen alsbald konzentrische Farbringe, oder die Längsstreifen verdichten sich immer mehr. Ist letzteres der Fall, haben wir am Hebepunkt den größeren Abstand beider Gläser. Aus Abb. 4 kann nun die Deutung jeder Form der Zentrallinie erfolgen.


                                                 

9.8. Der Fangspiegel in der Vollendung

In kurzen Polierschritten (1 oder 2 Minuten Polierzeit) nähern wir uns, gegebenenfalls durch den gezielten Wechsel der Polierer, dem Idealzustand. Die phänomenale Empfindlichkeit des Tests, ja seine Überempfindlichkeit wird erst in der Endphase deutlich. Winzige Krümmungstendenzen gegen das Prüflineal sind erkennbar. Ein leichter Druck auf die Gläser (oder 2 Zentimeter überhängen lassen) genügt, um die Flächen im Test deutlich zu deformieren!
Hier wird im Grunde eine Genauigkeit auf dem Prüftisch erzeugt, die im praktischen Gebrauch, durch die Luftunruhe, durch thermische und mechanische Einflüsse, niemals nutzbar wird.
Wenn jegliche Krümmungen verschwunden sind, die Streifenabstände 12 mm betragen und die Unsicherheit auf den Verlauf (durch die weichen Übergänge) 0,5 mm beträgt, entspricht der Fangspiegel dem Prüfglas auf annähernd λ 1/50 genau (fast +- 1/100.000 mm).
Die Frage ist nur, wie genau das Prüfglas selbst ist.
Wurde das Prüfglas mit λ 1/20 hergestellt, addieren sich beide Fehler zu etwa λ 1/14. Ist das Prüfglas "nur" auf λ 1/15 genau, wurde der Fangspiegel etwas besser als λ 1/11.
Dazu wäre zu sagen, Zeiss bietet ungeschönt eine Standardgenauigkeit λ 1/10 an und ist weltklasse!
Eine tolle Erfahrung, wenn die eigenen ungelernten und ungeübten Amateurhände, mit Geduld und Ausdauer und sei es auch mit dem einen oder anderen Schönheitsfehler, etwas ähnliches zuwege bringen.

                                                                                                                                                 Justierung einer Schmidt-Kamera

 

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