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Meine Erfahrungen bei der Astrofotografie mit langer Brennweite

 

Vorausgeschickt

Natürlich sind die Schwierigkeiten des astrofotografischen Einsatzes längerer Brennweiten verschärft. Ein Erfolg realisiert sich erst, wenn es gelingt, nicht ohne Zeitdruck, die hohe Komplexität des teils heiklen Unterfangens auf den Punkt zu bringen. Da keimen schnell Zweifel, ja Verzweiflung, wenn sich Abläufe an irgendeiner Sache aufhängen! Vielleicht können meine Ausführungen helfen.

Mein selbst geschliffener 10 Zoll Cassegrain hat nach jüngster Ermittlung eine Brennweite von 4107mm (effektiv f/17,1).
Natürlich sind zur Erzielung einer seeingbegrenzten Bildauflösung keine 4m Brennweite erforderlich!
Eine ungebinnt arbeitende, feinpixlige CCD-Kamera hinter einer lichtstarken Optik erreicht bereits mit wesentlich kürzerer Brennweite den gleichen Abbildungsmaßstab, ein viel größeres Bildfeld am Himmel und ermöglicht kürzere Belichtungszeiten bei Nebeln.
Das bringt aber nicht nur Vorteile! Es entsteht ein höherer Justier- und Fokussieraufwand, mögliche Probleme mit der Abbildungsqualität (Koma ect.), ein hell abgebildeter Himmelshintergrund, lange Belichtungen sind nur über viele Stückelungen möglich, (dadurch viel Ausleserauschen und geringere Sterngrenzgrößen).

Die Nachteile eines langbrennweitigen Instruments sind: Amateur-CCD-Kameras sind dafür meist nicht optimiert, ein besonders kleines Aufnahmebildfeld entsteht, die Positionierung und Zentrierung des Aufnahmeobjektes sind heikel, ausreichende Signale von Objekten mit geringen Flächenhelligkeiten sind mit kleinem Öffnungsverhältnis nur durch sehr lange Belichtungen erzielbar (vor allem bei Verwendung von schmalbandigen Filtern), die Off-Axis-Leitsternauswahl ist sehr beschränkt.

 

Montierung und Aufstellung

Stabile, hochwertige Montierungen sind leider teuer. Der Kauf einer Montierung aus 2. Hand ist mit Fragezeichen versehen. Wirklich gute Montierungen sind Kostbarkeiten, werden vererbt, gehen unter der Hand weiter, erscheinen kaum einmal in einer Annonce!

Ich hatte beim Secondhandkauf einer frühen Bernhard Liebscher-Montierung aus Aluminium in sofern Glück, dass die Mechanik überaus stabil, tragfähig und mit großem handwerklichen Können gefertigt war. Zum Nachführen einer so langen Brennweite (f=4107mm) war das Ganze allerdings nicht konzipiert. Das ursprüngliche RA-Getriebe bewegt heute die Deklinationsachse. Um Ruhe in den Stundenantrieb zu bekommen, wurde die Montierung 2007 von Daniel Arndt in Magdeburg umgebaut und mit einem 288mm Schneckengetriebe der Fa. Gierlinger aufgerüstet. Die beiden Schrittmotoren werden von einer FS2-Fernrohrsteuerung von Michael Koch exzellent gesteuert.

Als wesentlichen Grundpfeiler meiner astrofotografischen Bestrebungen empfinde ich die stationäre Aufstellung meines 150kg-Instrumentes. Zusätzliche allnächtliche Strapazen und Zeitverluste durch Instrumentenaufbau und parallaktische Justierarbeit entfallen.

 

Die Nachführung

 Eine seeingbegrenzte, professionelle Nachführgenauigkeit einzuhalten, ist zweifellos ein schwieriges Problem für den Amateur. Vor allem bei Verwendung gnadenlos empfindlicher CCD-Kameras. Abweichungen im Bogensekundenbereich entstehen immer, auch mit sehr großen Mechaniken. Um mit kleinem Öffnungsverhältnis und großer Brennweite lange, möglichst wenig gestückelte Belichtungen mit CCD-Kameras erfolgreich durchführen zu können, gibt es zum Einsatz einer Guidingkamera keine Alternative! Andersartige Versprechungen sind schlichtweg Utopie. Dafür sorgen Restfehler in der Aufstellung der Montierung, die Refraktion, mechanische Biegeeffekte, thermische Veränderungen und winzige Zufälligkeiten (z.B. Staub).

Mein 288mm-Gierlinger-Schneckengetriebe ermöglicht es, so wie es eingebaut ist, 4m Brennweite bis zu 60 Sekunden fehlerlos zu belichten, mindestens aber 10 Sekunden. Entscheidend ist, dass der Antrieb niemals innerhalb weniger Sekunden unzulässig starke Schwankungen ausführt. So etwas kann auch eine Guidingkamera, die belichten, auslesen, berechnen und die Motoren ansteuern lassen muss, nicht mehr schnell genug kompensieren.

Den Zugriff auf einen Leitstern realisiere ich off-axis mit einem umgebauten Lumicon Easy Guider. Um den absuchbaren, ringförmigen Off-Axis-Korridor möglichst groß und die Abschattung der Leitsterne klein zu bekommen, entfernte ich das Prisma, vergrößerte in axialer Richtung die Austrittsöffnung und setzte einen tiefer in den Strahlengang reichenden, zerschnittenen Planspiegel ein.

Den nachführtechnischen Durchbruch brachte mir der Einsatz einer „ALCCD 5“ (8,5mm Chipdiagonale, 1,3 Megapixel, Preis ca. 250,-€), zusammen mit dem hervorragenden Programm „Guidemaster“. Beide kooperieren  wunderbar mit der FS2-Fernrohrsteuerung.

 

Die Aufnahmeeinheit

Die Aufnahmeeinheit, mein im Okularauszug steckender Instrumentenkomplex, ist ein dauerhaft zusammengefügtes, fein aufeinander abgestimmtes Gefüge, das ich ständig zu vervollkommnen suche. Ohne diese Gerätschaft wären meine CCD-Aufnahmen weder rationell noch überhaupt durchführbar.  Die Aufnahmeeinheit kann prinzipiell an jedem Teleskop zum Einsatz kommen und wurde auch am 14 Zoll SC der Sternwarte Sohland  verwendet.

Das Gerät wird in einem besonderen Koffer geschützt transportiert. Teleskopseitig liegt ein 2" Flip-Mirror mit einem 40mm Fadenkreuzokular. Dieses ist auf die Bildmitte des CCD-Aufnahmefeldes justiert und so eingerichtet, dass ein scharfer Durchblick durch das Okular zugleich eine fast brauchbare Fokussierung der Aufnahmekamera ergibt. Danach schließt sich der Off-Axis-Guider an. Der ist so ausgelegt, dass die in der Nacht eingesteckte Nachführkamera und die Aufnahmekamera homofokale Bilder liefern, also beide zugleich scharf sind. Am Off-Axis-Guider sind zudem eine Gradeinteilung (10º Teilung) und Ablesemarkierungen für die Nullposition in Nord-Süd-Richtung angebracht. Dies dient dafür, zuvor ermittelte Leitsternpositionen einstellen zu können.

Hinter dem Off-Axis-Guider befindet sich eine Filterlade von Gerd Neumann Jr., die das Einschieben unterschiedlicher Filter ermöglicht und die vom Gebrauchswert her, wie ich finde, völlig ausreicht. An die Filterlade wird in der Nacht die Aufnahmekamera geschraubt.

Der Flip-Mirror und die Filterlade sind über ein Aluminiumbrückenteil starr miteinander verschraubt (besser zu sehen unter Instrumente). Die Verdrehung des Off-Axis-Guiders bei der Leitsternsuche, führt so nicht  unweigerlich auch zur Verdrehung der Aufnahmekamera. Damit ist es, zusammen mit einigen Markierungen am Okularauszug und an der Aufnahmeeinheit, leicht möglich, die Himmelsrichtungen (und Spikes heller Sterne) korrekt im Bildfeld auszurichten, bzw. ausgerichtet zu halten.  Quer- oder hochformatige Aufnahmen erreiche ich durch Drehung der gesamten Aufnahmeeinheit und entsprechende Markierungen. Die CCD-Kamera mit Aufnahmeeinheit sichere ich im Okularauszug, über Schnur und Karabinerhaken, gegen ein mögliches Herabstürzen.

 

Die CCD-Kamera

Wenn höchstmögliche Empfindlichkeit und vielfältige Anwendungen gewünscht sind, sollte einer gekühlten s/w-Kamera Vorzug gegeben werden. Farbpixel sind extrem winzig und besitzen eine geringere Quanteneffizienz. Man bedenke auch, dass die Quanteneffizienz nicht das alleinige Maß für die Empfindlichkeit ist. Die Quanteneffizienz ist ein relativer Wert, der angibt, wie viel Prozent der auftreffenden Photonen registriert werden.  Die absolute Zahl auftreffender Photonen wächst aber mit der Pixelgröße. Große Pixel sind empfindlicher und erreichen mit einer größeren Elektronenladung die Sättigung.

Die meisten Amateurkameras sind für den Einsatz kürzerer Brennweiten, mit relativ großem Öffnungsverhältnis, optimiert. Meine „Nova 1603“, ein frühes Modell von Astroelektronik Fischer, (Chipgröße 9,2 x 13,8mm), die seit 2005 zuverlässig ihren Dienst tut, besitzt 9μm Pixel.  Um bei 4m Brennweite kein Oversampling (Sternlicht auf zu viele Pixel verteilt) und eine ausreichende Empfindlichkeit zu erhalten, muss ich zu Binning 2x2 oder 3x3 greifen. Positiv daran ist, dass die Empfindlichkeit der Kamera hierbei auf das 4 bzw. 9fache anwächst, ohne dass sich am Dunkelstrom oder Ausleserauschen etwas ändert. Leider verringert sich die Pixelzahl der Bilder um diese Faktoren. Optimal für meinen Gebrauch wäre ein ungebinnter 20μm-Pixel-Chip, (bei f = 4m  sind 20μm = 1"). Damit könnten Details bis 2" aufgelöst werden. Mehr gestatten die hiesigen Wetterbedingungen ohnehin kaum.

 

Die rationelle Durchführung von Aufnahmen

Dank der Aufnahmeeinheit und dem kleinen Öffnungsverhältnis gelingt mir das Fokussieren der CCD-Kamera schnell. Dazu stelle ich meinen Goto-Referenzstern ins Kamerabildfeld, das durch das Scharfstellen beim Durchblick durch das Flip-Mirror-Okular schon vorfokussiert ist. Meist genügen wenige Testaufnahmen, um Zufriedenheit zu erlangen.

Im Anschluss wird das Aufnahmefeld über Goto angefahren. Eine Galaxie durchschnittlicher Flächenhelligkeit ist mit Binning 3x3 bereits nach 10 Sekunden deutlich, mit erstaunlichen Einzelheiten, auf dem Bildschirm zu sehen. Ich bin immer wieder begeistert! Jetzt muss das Aufnahmeobjekt im Bild zentriert werden. Hierfür sind reproduzierbare Erfahrungen über die Wirkung der Betätigung von Steuertasten und über eine geeignete Stellgeschwindigkeit wichtig. Ansonsten kann dieser Arbeitsschritt sinnlose Zeit kosten. Ist dies erreicht, drehe ich unverzüglich den Off-Axis-Guider (mit eingestecktem 25mm-Okular) auf die vorherbestimmte Winkelposition des Leitsterns und stelle diesen visuell mittig in das Bildfeld des Okulars. Auch wenn die Position der Leitsterne mitunter etwas abweicht, bisher waren diese meist schnell auffindbar. Das ist wichtig, da sich andernfalls die Zentrierung des Objektes verschlechtert.

Nach dem Arretieren des Guiders wird die Nachführkamera eingesteckt. Dank der Chipgröße der ALCCD 5 wird der Leitstern, bei ausreichender Belichtung und Schärfe, irgendwo auf dem Bildschirm sichtbar. Bei „Guidemaster“ muss der Nachführstern, trotz gegenteiliger Anweisung, weder mittig im Bildfeld stehen, noch müssen die Pixelreihen auf die Himmelsrichtungen ausgerichtet werden. Nach der Kalibrierungsprozedur durch „Guidemaster“ beginne ich mit kurzen nachgeführten Testbelichtungen (120 und 300sec.). Die unterschiedlichen Einstellungen des Programms müssen gegebenenfalls auf das aktuelle Seeing abgestimmt werden. Gelingen diese Aufnahmen, können die eigentlichen Belichtungen beginnen.

Nach Abschluss nehme ich einige Flatfields auf, die ich mit einer abgedämpften Leuchtfolie belichte und später mittle.

 

Planung von Aufnahmen

Auf der Suche nach interessanten, lohnenden und nicht so häufig fotografierten Objekten, entdeckte ich im Internet den Digitized Sky Survey  (http://stdatu.stsci.edu/cgi-bin/dss_form), eine wahre Fundgrube. Jedes Objekt oder Himmelsgebiet kann, auch im Bildwinkel der eigenen Kamera (bis 60' x 60'), auf den POSS-Aufnahmen studiert werden. Ergänzend lohnt sich ein Blick in das NGC-Galaxienalbum des Sloan Digital Sky Survey  (http://www.astro.princeton.edu/~rhl/PrettyPictures/NGC/). Meine begeisterte Suche ergab inzwischen auf meinem Rechner ein beachtliches Bildarchiv, das tausende NGC-Galaxien des nördl. Himmels und eine unübersehbare Zahl noch schwächerer Objekte umfasst. Die meisten Amateure werden davon nur wenig kennen!

Um einer zermürbenden und mitunter erfolglosen Leitsternsuche vorzubeugen, bediene ich mich der CD-ROM Star Chart „Guide“ (Project Pluto). Vor die Bildschirmdarstellung des Aufnahmeobjektes (Größe 8) halte ich eine durchsichtige Folie mit aufgetragenem CCD-Aufnahmefeld und Off-Axis-Korridor mit Gradeinteilung (siehe Abb.). Ich notiere die Position und Helligkeit potentieller Leitsterne. Damit wird über die Gradeinteilung meines Off-Axis-Guiders in der Nacht die Leitsternsuche zum Kinderspiel. Mitunter fehlt aber ein brauchbarer Stern und der damit verbundene nächtliche Ärger entfällt, weil ich mich von vornherein einem geeigneten Objekt zuwenden kann.

Um über Goto das kleine CCD-Aufnahmefeld (bei mir z. Z. 11,55´x 7,7' groß) möglichst genau anzufahren, suche ich vorab einen sehr nahen Referenzstern heraus und gebe gegebenenfalls seine Koordinaten, wenn nötig auch die des Aufnahmefeldes, in der FS2-Fernrohrsteuerung ein. Diese bleiben dort, auch nach Abschalten des Gerätes, gespeichert.

 

Schliff eines Cassegrain-Fangspiegels

 

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